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13.02.2017

Was macht einen Sportverein engagementfreundlich?

(c) LSB NRW | Fotos: Andrea Bowinkelmann

Foto: (c) LSB NRW | Foto: Andrea Bowinkelmann

Das Thema der freiwilligen, unbezahlten bzw. ehrenamtlichen Mitarbeit ist in den Sportvereinen ein Dauerbrenner.

Meist mit dem Hinweis, dass es immer weniger Bereitschaft zur Mitarbeit gibt und dies langsam für viele Vereine echte Schwierigkeiten erbringt. Eine mittlerweile verbreitete Antwort ist mit dem Begriffen „Engagementförderung“ oder „Freiwilligenmanagement“ verbunden und meint das ausdrückliche kümmern um die vorhandenen Mitarbeiter und die Mitarbeitssituation generell. Ein daraus folgender Kernauftrag für die Vereine ist, den Sportverein engagementfreundlich zu machen. Aber was bedeutet das eigentlich?

 

„Freundlichkeit“

Schaut man bei Wikipedia, so bezieht sich Freundlichkeit auf das Verhalten zwischen Menschen. Attribute sind anerkennend, respektvoll und wohlwollend. Darüber hinaus ist es aber auch noch hilfreich, zwischen gespielter und echter Freundlichkeit zu unterscheiden. Eine echte Wirkung kann Freundlichkeit nur entfalten, wenn sie als authentisch bewertet wird. Sie löst bei dem erlebenden Menschen positive Gefühle aus, er fühlt sich aufgehoben und eben anerkannt. 

Für die Mitarbeit bezieht sich der Anspruch der Freundlichkeit auf die ganze Organisation Sportverein, also die Arbeitsbedingungen und -möglichkeiten und den Umgang zwischen den beteiligten Menschen. Damit wird die Betrachtung komplizierter, da die Bezüge vielfältiger sind.

 

Engagementfreundlichkeit als Anspruch

Das Ziel der Engagementfreundlichkeit steht letztlich für das Erleben einer interessanten und andere Lebensbereiche nicht über Gebühr belastenden Vereinsmitarbeit. Dies gilt besonders aber nicht nur für freiwillige bzw. unentgeltiche Mitarbeit in den verschiedenen Einsatzformen und -bereichen eines Sportvereins. Engagementfreundlichkeit ist schwer zu fassen, ihre Bewertung kann mit vielfältigen Aspekten der Mitarbeit zusammenhängen und beruht auf persönlichen Lebensvorstellungen und Erwartungen. 

Eine Form der Betrachtung von Mitarbeit bezieht sich auf zwei Faktoren. Mit den Hygienefaktoren sind „Selbstverständlichkeiten“ angesprochen, die man für einen Arbeitseinsatz als normal erwartet. Die Ausstattung mit Arbeitsmaterial oder die zeitliche Flexibilität können dazu gehören. Und, gerade bei der unbezahlten Mitarbeit, sind der aufmerksame Umgang miteinander und das Danken für geleistete Tätigkeiten wichtige Elemente. Die Nichterfüllung dieser Erwartung führt zu Unzufriedenheit, die Erfüllung der Erwartung funktioniert aber nicht als Ansporn für den eigenen Einsatz.

Die zweite Komponente sind die Motivatoren, sie sind so etwas wie die Sahnehäubchen in einer Zusammenarbeit. Sie gehen über die Selbstverständlichkeiten hinaus und drücken die echte Wertschätzung für die Zusammenarbeit aus. Aus ihnen resultiert letztlich auch die besondere Engagementbereitschaft. Da wo Geld eben keine Rolle als Gegenwert für die erbrachte Leistung spielt, beruhen diese beiden Faktoren viel mehr auf dem aufmerksamen Verständnis für die Mitarbeitsbedingungen in einem Sportverein und gezielten Belohnungen, wie Eintrittskarten für eine interessante Sportveranstaltung oder das Freigetränk für eine Begleitung des Mitarbeiters bei einem Vereinsfest.

Insgesamt sind der Umfang und die Lage der Einsatzzeiten, die Inhalte der Tätigkeit und der Umgang im Verein miteinander die Kernbereiche. Allen Mitarbeitern aber auch allen Mitgliedern sollte klar sein, dass sie Mitgestalter der Engagementfreundlichkeit sind. Es obliegt dem Vereinsvorstand, die Schaffung zeitgemäßer Mitarbeitsbedingungen sowohl sachlich als auch kulturell in der Organisation Sportverein zu befördern.

Der schwierigere Teil der Aufgabe liegt darin, die persönliche Ebene der Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten positiv für die Engagementbereitschaft zu entwickeln.

 

Freundliches Engagement

Freundlichkeit im engeren Sinne kann nur von Menschen ausgehen. Es ein Erlebnis aus dem Zusammenspiel zwischen zwei oder mehr Menschen. Und da jeder Mensch ein Individuum ist, variiert auch das Verständnis von Freundlichkeit. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist die Wechselseitigkeit. Nicht nur neue Mitarbeiter freuen sich über eine positive Ansprache, die Alteingesessenen sind dafür ebenfalls dankbar. Egal ob der Übungsleiter, der einen neuen Helfer kennenlernt oder das Vorstandsmitglied mit der neuen Hilfskraft für die Geschäftsstellenarbeit. Daraus kann man das Zwischenfazit ziehen, dass sich Anerkennung einmal auf den Menschen und sein Engagement bezieht und andererseits auf den Inhalt des Engagements und die damit verbundene Übernahme von Verantwortung. Und Verantwortung trägt jeder Mensch, der sich für den Verein engagiert, von der Kuchentheke beim Vereinsfest bis zum Vereinsvorsitz.

 

Respekt!

Ein respektvoller Umgang miteinander bedeutet u. a., den anderen in seiner Individualität zu akzeptieren. Der Rheinländer hat dazu die nette Wendung „Jeder Jeck is’ anders.“ geprägt. Dies bedeutet aber nicht, dass die Zusammenarbeit oder das individuelle Ergebnis der Tätigkeit nicht diskutiert werden können. Allerdings auf einer sachlichen Ebene, ohne persönliche Verunglimpfungen und zwar bei begründeten Anlässen und nicht wegen Nichtigkeiten. Vielmehr kann die Auseinandersetzung mit der Tätigkeit des jeweils anderen gerade Respekt signalisieren. Schließlich nimmt der Partner wahr, dass etwas vollzogen wurde und setzt sich mit dem Ergebnis konstruktiv auseinander.

An dieser Stelle kommt das Wohlwollen mit ins Spiel, solange eine Tätigkeit keine deutlich negativen Auswirkungen auf die Vereinsleistung hat, ist gerade bei freiwilliger Mitarbeit Toleranz für individuelle Formen der Arbeitserledigung wichtig. Ehrenamtlichkeit bzw. freiwillige Mitarbeit beruht ja auch zu einem guten Teil auf Laientätigkeit, so dass die speziellen Fähigkeiten erst im Laufe der Tätigkeit angeeignet werden.

 

Erstes Fazit

Es besteht damit ein großer Anspruch an die vorhandenen Akteure im Sportverein, den Umgang miteinander zu pflegen und positiv zu entwickeln. Bei sich selbst und bei den anderen. Erweitert man diese Betrachtung noch um den Aspekt der „Achtsamkeit“, der heute in verschiedenen Lebensbereichen als besonders positiver Anspruch formuliert wird, so ist die ganz persönliche Aufmerksamkeit und Bewertungsfähigkeit jedes einzelnen Menschen gefordert. Es gilt dann auch, die wahrgenommene Zusammenarbeit aus der aktuellen Situation heraus zu bewerten und nicht mit Erlebnissen aus der Vergangenheit bzw. Vor-Urteilen zu vermischen. Wenn ein Mitarbeiter vor einem Jahr einmal einen Fehler gemacht hat, ist das nicht der Maßstab für die Bewertung dieser nun aktuellen Tätigkeit. 

Es ist erkennbar, mit der Sicherstellung eines engagementfreundlichen Sportvereins sind vielfältige Aufgaben verbunden. Sie erfordern auch die Fähigkeit der Selbstreflexion aller beteiligten Menschen, als Ausgangspunkt für eine Verbesserung der Situation. Die Aufgabe ist zudem immer wieder neu zu gestalten, da neue Engagierte, neue Generationen von Menschen, andere Erwartungen an Engagementfreundlichkeit mitbringen.

 

Autor: Prof. Dr. Ronald Wadsack, Salzgitter